Im Folgenden möchte ich mit Euch meine Erfahrungen bei Baker Donelson Bearman, Caldwell & Berkowitz, PC in Atlanta teilen und Euch dazu motivieren, eine Station im Ausland zu absolvieren, denn es gibt einem nicht nur die Möglichkeit wertvolle (juristische) Erfahrungen zu sammeln, sondern auch sich persönlich weiter zu entwickeln – und das mit allen Benefits im Referendariats, denn auch im Ausland bleibt das deutsche Gericht für uns zuständig.

A. Vorüberlegungen und Planung

Wie bereits erwähnt, ist es im Referendariat eine hervorragende Gelegenheit noch einmal juristische Kenntnisse „über den Tellerrand“ hinaus zu erwerben, sowie Sprache und Kultur eines anderen Landes kennenzulernen. Dabei bewerben sich viele Referendare bereits im Rahmen der Verwaltungsstation beim Auswärtigen Amt (absoluter Klassiker) oder spätestens in der Wahlstation bei einer Kanzlei, einem Unternehmen oder einer Organisation im Ausland. So jedenfalls der „übliche“ Ablauf während des Referendariats, wenn man vorhat „abroad“ zu gehen. Eine Station im Ausland, insbesondere außerhalb von Europa, erfordert jedoch – wie auch das Examen – eine gute Vorbereitung.

I. Meine Motivation

Da ich weder ein Erasmus-Semester gemacht habe noch nach dem Abitur im Ausland war, und ich zudem gerne meine Fremdsprachenkenntnisse verbessern wollte, stand für mich bereits zu Beginn des Refs fest, dass ich zumindest meine Wahlstation bei einer ausländischen Kanzlei absolvieren möchte.

II. Die Bewerbungsphase

Eingangsbereich im Monarch Plaza, wo sich das Büro befindet.

Auf der Suche nach einer geeigneten Ausbildungsstelle habe ich mich an den DAJV gewandt und deren Internship Service in Anspruch genommen, den ich jedem empfehlen kann, der nicht bereits über Kontakte zu (Groß-)Kanzleien mit ausländischen Standorten verfügt. Von einer langen Kontaktliste des DAJV mit amerikanischen Law Firms kann man je nach seinen Interessen fünf Kanzleien auswählen, von denen man die Kontaktinformationen erhält. Zudem kann man ein Begleitschreiben seitens des DAJV beifügen, um die Erfolgschancen für eine Bewerbung zu erhöhen. Nun ging es los mit Bewerbungen schreiben.
So habe ich mich für meine Wahlstation von August bis Oktober (jetzt November, da das Referendariat in NRW aufgrund der Corona Epidemie um einen Monat verlängert wurde) bei der Kanzlei Baker Donelson beworben – und bekam im Oktober auch eine Zusage. Jedoch waren in dem von mir gewünschten Zeitraum keine Kapazitäten mehr für eine(n) Referendar(in) vorhanden. Diese Rückmeldung habe ich auf andere Bewerbungen auch erhalten, was natürlich sehr enttäuschend war, da ich unbedingt ins Ausland wollte. Als ich von der Kanzlei Baker Donelson gefragt worden bin, ob ich hinsichtlich des Zeitraumes flexibel sei, habe ich mich nach langen hin und her Überlegen entschieden bereits im Januar für einen Teil meiner Anwaltsstation nach Atlanta zu gehen. Denn ich hatte sorgfältig abzuwägen, wie sinnvoll es mit Blick auf bevorstehenden Examensklausuren ist, mich auf das Abenteuer USA einzulassen und somit eben nicht den absoluten Fokus auf die Vorbereitung zu legen. Organisatorisch war es möglich, da ich meine Anwaltsstation in drei Abschnitte unterteilt habe und nach dem JAG in dieser Ausbildungsstation ein Auslandsaufenthalt von drei Monaten zulässig ist (insgesamt darf man während des Refs acht Monate ins Ausland). Ich befand mich zu Beginn meines Aufenthalts in Atlanta sechs Monate (jetzt sieben Monate – aber zu den Corona Pandemie bedingten Umständen später mehr) vor den Examensklausuren im Juli 2020. In dieser Phase „taucht“ man – je nach Absprache mit dem Ausbilder in der Praxis – bereits und bereitet sich auf die Klausuren vor. Daher fiel mir die Entscheidung nicht leicht…denn auch wenn ich mich für die Station bei Baker Donelson entscheiden würde, war ich mir bewusst, dass ich mich auch in Atlanta auf das Examen vorbereiten müsste und ich mich daher nicht besonders der Stadt, der Kultur, Land und Leute widmen könnte. Letztendlich habe ich mich Abwägung für das „Für“ und „Wider“ für das Abenteuer in Atlanta entschieden. Denn ich konnte mir nicht sicher sein, ob ich noch eine Zusage für die Wahlstation und damit überhaupt die Chance bekommen würde, ins Ausland zu gehen. Meine Entscheidung habe ich wohl mit der Option im Hinterkopf getroffen, dass man im Ref zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit hat, für mindestens sechs Monate auszusteigen. Wobei ich diese Regelung als absoluten Notanker für mich betrachtet habe! Aber rückblickend war es die richtige Entscheidung – nicht nur wegen der Ungewissheit, wann überhaupt wieder ein Auslandsaufenthalt in Anbetracht der aktuellen Situation möglich ist!

Fazit: Falls Ihr ins Ausland wollt, schaut Euch rechtzeitig nach geeigneten Ausbildungsstellen um und bewerbt euch frühzeitig – in der Regel 1 Jahr bis 1 ½ Jahre vor Beginn Eurer Station!

III. Das J1-Visum

Der größte Planungsaufwand bestand in der Beantragung des Visums, um in die USA einreisen und dort arbeiten zu können. Dazu ist das sog. J1-Visum erforderlich, das man mithilfe eines Sponsors bekommt. Es sind zahlreiche Unterlagen notwendig, u. a. ein Nachweis darüber, dass man seinen Lebensunterhalt während der Zeit in den USA selbstständig bestreiten kann sowie ein Motivationsschreiben. Zudem muss man über die Webseite der U.S. Botschaft einige Online-Formulare ausfüllen, was starke Nerven erfordern, denn in meinem Fall ist mir die Anwendung mehrmals abgestürzt und ich musste alle Informationen erneut eingeben. Das wichtigste Dokument im Visumsprozess ist das DS-2019, welches von dem Sponsor nach Einreichung der dazu benötigten Unterlagen ausgestellt und per FedEx an einen versandt wird. Das DS-2019 muss man auch bei der Einreise zusammen mit dem Reisepass bei sich führen und beim Homeland Security Department am Flughafen vorlegen. Alles in allem ist es ein enormer bürokratischer Aufwand und die Unterstützung von der Kanzlei, die im Rahmen des Visumsprozess einen Training Plan erstellen muss, sowie von dem Sponsor sind unerlässlich. Da es bei mir relativ kurzfristig klar war, dass ich meine Anwaltsstation bei Baker Donelson absolviere, nämlich erst zwei Monate vor meinem geplanten Start am 01. Januar, war der ganze Prozess besonders stressig und tatsächlich nicht mehr rechtzeitig zu bewältigen. Denn auch wenn man alle Dokumente beisammen hat, alle Formulare ausgefüllt sind und man das Telefon Interview mit dem Sponsor hatte, muss man nach Ausstellung des DS-2019 noch ein Termin für ein persönliches Interview in der U. S. Botschaft (bei mir war in Frankfurt die nächste zu meinem Wohnort) vereinbaren, auf den man gerne mal drei Wochen wartet. Es gibt zwar die grundsätzliche Möglichkeit für Notfalltermine, die jedoch nur in „echten“ Notfällen vergeben werden. Letztendlich habe ich mein Interviewtermin erst Mitte Januar gehabt. Danach ging dann aber alles sehr schnell und ich konnte meinen Reisepass mit Visum bereits drei Tage später abholen. Endlich konnte es losgehen und ich konnte meine Flüge buchen… Ach so, die Kosten für das J1-Visum betragen ca. 1.200 Euro, welche aber von der Kanzlei Baker Donelson nach Ankunft zurückerstattet werden.

1. Die J1-SimCard

Wer nicht unbedingt den günstigsten Tarif für die USA möchte, für den ist die J1-SimCard eine wirklich gute Option. Man telefoniert und surft im Netz der Telekom, sodass man eigentlich auch selten Probleme mit dem Empfang hat. Der Tarif beinhaltet eine Flatrate für nationale Anrufe und SMS, für Audio -und Video Streaming sowie unbegrenztes Datenvolumen mit 4G LTE und kostet im Monat ca. 47 Euro. Wer international telefonieren möchte, kann für eine einen Betrag von 5 US-Dollar eine Flatrate für Anrufe in ein Land seiner Wahl dazubuchen. WhatsApp Telefonie oder Skype funktionieren aber wunderbar. Man kann den Vertrag jederzeit formlos kündigen – am besten vor dem nächsten Abbuchungszeitraum, weil bereits abgebuchte Beträge nicht zurückerstattet werden.

IV. Wohnungssuche

Die Wohnungssuche gestaltete sich im Vergleich zum Visumsprozess glücklicherweise ohne viel Aufwand, da diese die Kanzlei für mich übernommen hat. Ansonsten gibt es einen Leitfaden für Praktikanten und Referendare, in dem man einige Unterkünfte (in der Regel handelt es sich um Zimmer zur Untervermietung in Privathäusern) mit Informationen zu Ausstattung, Lage und Preis findet. Man sollte sich in jedem Fall im Vorfeld einmal anschauen, wie weit die Unterkunft von der Kanzlei, die im Norden von Buckhead -einem Stadtviertel in Atlanta – liegt, entfernt ist. Ich hatte das Glück, dass mein Zimmer (bei einer super netten „Gastmutti“) im Nordosten von Buckhead lag, sodass ich den Weg zur Arbeit oft zu Fuß gelaufen bin. Die Strecke ist ungefähr 1.8 miles (ca. 3 km) lang und der Spaziergang war nach einem 8-Stunden-Tag ein willkommener Ausgleich. Bei schlechtem Wetter hatte ich aber auch die Möglichkeit den zu Bus zu nehmen. Eine Bushaltestelle befindet sich unmittelbar vor dem Bürogebäude und auch die MARTA Tram-Station ist nur wenige Hundertmeter vom Büro entfernt.

B. Die Anwaltsstation

1. Der Arbeitsalltag

Aussicht aus Kanzlei, Kantine Skyline Atlanta Midtown

An meinem ersten Arbeitstag lernte ich meinen Supervisor und das deutsche Global Business Team kennen, die ich bisher nur aus E-Mails und vom Telefon kannte. Dann gab es einen Rundgang durch die Räumlichkeiten der Kanzlei, die sich auf zwei Ebenen verteilen und einem amerikanischen Großraumbüro ähneln. Die Arbeitsplätze sind getrennt durch halbhohe Raumteiler und die Shareholder und einige Associates sieht man hinter Glaswänden im eigenen Büro arbeiten.
In der oberen Etage befindet sich eine große Kantine mit einem atemberaubenden Blick auf die Skyline von Atlanta Midtown. Nach einer kurzen Einarbeitungsphase, in der ich an vielen Research- und IT-Schulungen teilnahm und mir die allgemeinen Sicherheitshinweise (u. a. Verhalten im Fall eines Tornados – sehr selten, aber da wird einem nochmal bewusst, dass man sich in einem anderen Breitengrad aufhält) erläutert wurden, begann auch schon die eigentliche Arbeit. Da das amerikanische Rechtssystem ein Case Law System ist, waren besonders die Research-Schulungen für die Nutzung der Online Datenbanken hilfreich. Zudem wird für alle Reffis und Praktikanten, auch die nicht bei Baker Donelson sind, eine Veranstaltung zur Einführung in das amerikanische Rechtssystem angeboten, in der man einen sehr guten Einblick in das Case Law System bekommt, vor allem wenn man – wie ich – zuvor im Studium noch keine Berührungspunkte damit hatte.

Meine Aufgaben bekam ich überwiegend von meinem Supervisor, aber auch von Associates. Dazu zählten Recherchen, Vertragsgestaltung und das Erstellen von Schriftsätzen in englischer und in deutscher Sprache. Während des Zeitraums absolvierte eine weitere deutsche Praktikantin ein Internship bei Baker Donelson (um die Wartezeit bis zum Beginn ihres Refs im Sommer sinnvoll zu nutzen). Daher arbeiteten wir an vielen Aufgaben auch gemeinsam und konnten uns bei anderen austauschen. So erstellten wir u. a. eine PowerPoint Präsentation, in der wir verschiedene mögliche steuerliche Strukturierungen bei der Gründung einer Gesellschaft in den USA darstellten. Da es sich bei Baker Donelson um eine Full Service Kanzlei handelt, waren sowohl meine Aufgaben als auch der Arbeitsalltag sehr abwechslungsreich. So bekam ich u. a. Einblicke ins amerikanische Gesellschafts-, Einwanderungs- und Vertragsrecht und setzte mit dem deutschen Arbeits-, Insolvenz- und allgemeinen Vertragsrecht sowie mit dem europäischen Datenschutzrecht auseinander. Aus aktuellem Anlass recherchierte ich ferner für die Veröffentlichung eines Artikels zu den Auswirkungen der Coronavirus Epidemie auf Verträge deutscher Mandanten.
Es fanden regelmäßig Meetings mit gemeinsamem Lunch statt – bei denen in den Konferenzräumen über einen Bildschirm Anwälte an den anderen Standorten der Kanzlei per Video zugeschaltet waren. Um einen möglichst umfassenden Einblick in die Anwaltstätigkeit zu erhalten, nahm ich an Telefonkonferenzen, insbesondere mit deutschen Mandanten, teil und begleitete meinen Supervisor zu Mandantenterminen vor Ort. Ferner wurde ein Event mit der Partnerkanzlei in Japan veranstaltet, bei dem man sich im Anschluss an die Vorträge bei traditionellem Sushi mit den japanischen Anwälten austauschauen konnte
In der Regel war ich von 08:30 Uhr bis 17:00 Uhr in der Kanzlei. Es besteht keine Anwesenheitspflicht, sodass sich auch andere Zeitmodelle, insbesondere mit Blick auf die Examensvorbereitung, mit dem Supervisor absprechen lassen. Einen Laptop hat man allerdings nicht zur Verfügung, sodass Arbeiten von zu Hause eher die Ausnahme sind.
Zur morgendlichen Routine gehörte das „Daily docket“, das jede Woche einem anderen Standard („Standard of the week“) aus dem Kodex mit den Werten der Kanzlei gewidmet war und Ankündigungen, Geburtstage sowie ein Zitat einer berühmten Persönlichkeit beinhaltete. Freitags war „Funday Friday“ mit vielen interessanten „Fun Facts“.

2. What else

Darüber hinaus gibt es in Absprache mit dem Supervisor die Möglichkeit Vorlesungen an US Law Schools zu besuchen, was sehr interessant sein kann, wenn man nach Abschluss des Referendariats einen LL.M. plant. Wer mehr Adrenalin braucht, der kann auch eine nächtliche Streife der Atlanta Police begleiten. Voraussetzung sind aber das Tragen einer kugelsicheren Weste und ein im Vorfeld durchgeführter sog. „background check“. Ferner kann man sich für verschiedene kulturelle Veranstaltungen von der GACC entweder zu vergünstigten Konditionen oder sogar kostenlos anmelden, da die Kanzlei Mitglied in der Außenhandelskammer ist. So nahm ich beispielsweise an einem Vortrag über die amerikanisch-japanischen Außenhandelsbeziehungen mit anschließender Führung durch die Federal Reserve Bank of Atlanta teil.

Besonders interessant war auch die Verfolgung einer strafrechtlichen Gerichtsverhandlung am State Court of DeKalb County. Gemeinsam mit der deutschen Praktikantin schaute ich mir einen Mordprozess über mehrere Verhandlungstage mit anschließender Jury-Entscheidung an. Dabei entscheidet die Jury über die Schuldfrage („guilty“ oder „not guilty“), wodurch sich strafrechtliche Gerichtsverhandlungen in den USA deutlich von denen in Deutschland unterscheiden. Dem Richter obliegt lediglich ein Urteil über das Strafmaß zu fällen.

3. Das Coronavirus

Wie bereits zu Beginn meines Berichtes angekündigt, konnte ich aufgrund der Dauer des Visumsprozesses erst nach Stationsbeginn in die USA einreisen. Hinzu kam das Coronavirus. So dauerte meine Station im Ergebnis anstatt drei lediglich zwei Monate. Den Erfahrungswert, Lerneffekt und eine großartige Zeit haben es aber dennoch nicht beeinträchtigt!
Als in den Medien die Berichterstattung über den Coronavirus Outbreak in China anfing und dann auch die Auswirkungen von Corona in Deutschland sichtbar wurden, war die Situation in den USA noch ziemlich entspannt, insbesondere waren die Regale mit Klopapier noch aufgefüllt. So hat man zwar die Entwicklungen in den Medien verfolgt, sich aber erstmal wenig Sorgen gemacht, dass das Virus noch zu Schwierigkeiten bei der Ausreise führen könnte. Die rasante und globale Ausbreitung hat dann aber auch das alltägliche Leben in Atlanta allmählich verändert. Nachdem nun auch Fälle in den USA und letztlich auch in Georgia bekannt worden sind, standen Desinfektionsmittel jetzt auch in der Kanzlei bereit und man hielt zum Schutz den empfohlenen Sicherheitsabstand zu den Kollegen ein. Viele Mitarbeiter haben von der Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten, Gebrauch gemacht, weshalb von einem normalen Büroalltag nicht mehr viel wahrzunehmen war. Auch in den Supermärkten wurde vermehrt auf die Hygiene geachtet, wobei Desinfektionsmittelspender zur Reinigung der Einkaufswagen auch schon vorher – anders als in Deutschland – bei vielen Geschäften im Eingangsbereich zu finden sind. Als nun die ersten Länder ihre Grenzen schlossen und es dann zu Einschränkungen im Flugverkehr kam, wurden auch die deutsche Praktikantin und ich nervös. Zwei Wochen lang habe ich erfolgreich versucht mich nicht von der Hysterie um das Coronavirus anzustecken zu lassen, aber als mein Rückflug nach Düsseldorf auf Amsterdam umgebucht und mein Anschlussflug nach Deutschland gecancelt wurde, bekam auch ich Panik. Direktflüge gab es nicht mehr oder nur noch zu exorbitant hohen Preisen, die jeden Tag weiter anstiegen. Es war verrückt, was manche Leute in diesen turbulenten Zeiten bereit waren zu zahlen, um nach Hause zu kommen (bis zu 4.000 Euro!!). Nach der Empfehlung vom Bundesinnenministerium, dass alle in Ihr Heimatland zurückkehren sollen, sowie der allgemeinen Reisewarnung vom Auswärtigen Amt, habe auch mich entschieden nach Hause zurückzukehren. Aufgrund der Umstände war es für meinen Supervisor selbstverständlich in Ordnung, dass ich meine Station mehr oder weniger abbreche, wobei es eigentlich nur wenige Tage früher waren, da ich noch Urlaubstage hatte. Andere Reffis und Praktikanten waren deutlich mehr betroffen. Jedenfalls war es eine Herausforderung meinen Rückflug umzubuchen, da nun alle Reisenden versuchten frühestmöglich zurück zu fliegen und die Webseiten und Hotlines der Airlines völlig überlastet waren. Daher waren die letzten zwei letzten Wochen meiner Zeit in Atlanta sehr nervenaufreibend. Als ich am Schalter am Flughafen stand und mir mitgeteilt wurde, dass mein Flug gecancelt wurde, hätte ich im ersten Moment einfach weinen können, da bereits Mitarbeiter in der Kanzlei zu mir gesagt haben „Hope you d`ont get stuck here“. Zum Glück war die Airline Mitarbeiterin sehr freundlich und sie konnte mich auf einen späteren Flug buchen! Im Nachhinein war es so sogar viel angenehmer – denn so konnte ich gemeinsam mit einem anderen deutschen Intern nach Amsterdam zurückfliegen und war nach dem ganzen Stress nicht allein. Nach einer Zwischenlandung in Amsterdam ging es weiter nach Düsseldorf, wo ich glücklicherweise abgeholt worden bin, da auch die Deutsche Bahn den Reiseverkehr bereits eingeschränkt hatte und mir die Unsicherheit zu groß war, dass der Zug ausfällt. Ich glaube, ich war noch nie so dankbar, wieder deutschen Boden unter den Füßen zu haben!!

Fazit: Insgesamt ist der Umgang mit den Kollegen sehr freundlich und es wird Rücksicht auf die Freizeitgestaltung genommen. Mein Supervisor hatte immer ein offenes Ohr und hat sich viel Zeit genommen und man merkte, dass ihm die Referendarausbildung ein persönliches Anliegen ist. Falls man eine Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr (MARTA-Card) benötigt, werden die Kosten von der Kanzlei übernommen und man kann die dann natürlich auch in der Freizeit nutzen. In der Küche kam man oft ins Gespräch mit anderen Mitarbeitern der Kanzlei, die alle sehr nett und aufgeschlossen gegenüber deutschen Referendaren bzw. Praktikanten sind.

Auch wenn ich immer das Lernen und die Klausurvorbereitung im Hinterkopf hatte, würde ich es wieder so machen. Denn ich habe mich nicht nur juristisch, sondern auch persönlich weiterentwickelt und die gewonnenen Einblicke in den Arbeitsalltag einer amerikanischen Kanzlei sind für den weiteren Lebens- und Berufsweg sicherlich eine Bereicherung. Und darüber hinaus für alle, die sich vorstellen können später im internationalen Recht zu arbeiten, eine tolle Erfahrung, die ich jedem – auch ohne konkrete Berufsvorstellung – empfehlen kann!

Das deutsche Global Business Teams mit meinem Supervisor (links), dem Associate (rechts) und mir (in der Mitte). Es fehlen die Global Business Team Coordinator und die Paralegal.

C. What to do in Atlanta in a Nutshell

1. Meine Ausflüge

Aufgrund meiner Vorbereitung auf die Klausuren an den Wochenenden, fällt dieser Teil etwas kürzer aus. Über einen Ausflug möchte ich Euch aber gerne berichten. Denn auch wenn man hinsichtlich der Anwalts- oder Wahlstation in den USA nicht sofort an Atlanta, sondern eher an New York oder San Francisco, denkt, hat die Stadt als Wirtschaftszentrum, aufgrund der Lage mit Nähe zur Ostküste und auch so kulturell viel zu bieten.

Das Highlight war sicherlich der Roadtrip zum „Lookout Mountain“ mit vier anderen deutschen Interns in Atlanta. Wir haben uns ein Auto gemietet und sind nach Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee gefahren. Diese Option kann ich jedem empfehlen, der mal einen Roadtrip über den Highway unternehmen möchte, denn einen Mietwagen (SUV) gibt es bereits für unter 50,00 US-Dollar für einen ganzen Tag (06:00am bis 22:00pm)! Und eine Gallone Regular Gas bekommt man für umgerechnet unter 1,00 US-Dollar, sodass die Kosten für einen Tagesflug echt erschwinglich sind. Die Stadt liegt ca. zwei Autostunden entfernt von Atlanta entfernt und an der Grenze zum US-Bundesstaat Georgia am Ufer des Tennessee Rivers.

Unser Ziel war also der „Lookout Mountain“, ein Berg in der Grenzregion von Georgia, Tennessee und Alabama, mit einem wunderschönen Blick auf das Tennessee Valley. Auch kann man von dort oben („See Seven States“) auf sieben US-Bundesstaaten (Georgia, Alabama, Kentucky, Virginia, North Carolina, South Carolina and Tennessee). Dies ist die sog. Mokassin Biegung des Tennessee Rivers…

Wer mehr Lust auf Touristenattraktionen hat, kann die „Rock City Gardens“ (Wanderweg mit Panoramablick) und/oder die „Ruby Falls“ (Wasserfall, Höhle und Berg) besichtigen und/oder eine Fahrt mit der „Incline Railway“ – die bei unserem Besuch saisonbedingt geschlossen war- unternehmen. Tickets für die „Ruby Falls gibt es für 22,95 US-Dollar, ein Kombiticket mit allen Attraktionen kostet 57,90 US-Dollar im Online Verkauf.

2. Sightseeing und Kultur-Tipps

Darüber hinaus gibt es viele andere Sehenswürdigkeiten in der Stadt… hervorzuheben ist die Beltline, die um den Stadtkern von Atlanta herumführt und viele Routen für einen Spaziergang im Grünen bietet, sowie der Piedmont Park.

Weitere “Must see” sind das Georgia State Capital, der Botanical Garden, das Georgia Aquarium, die Martin Luther King Jr. National Historic Site und die World of Coca-Cola.

Natalie Buchholz ist Referendarin am LG Essen und absolvierte von Januar bis März 2020 einen Teil ihrer Anwaltsstation in den USA. Sie hat an der WWU Münster studiert und bereitet sich derzeit auf die Examensklausuren im Sommer vor. Für uns fasste sie ihre Erfahrungen in der US-Kanzlei Baker, Donelson, Bearman, Caldwell & Berkowitz, PC in Atlanta. zusammen.

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