Durch mein Auslandspraktikum hat sich meine Sichtweise auf New York City um 180 Grad gedreht. Als Tourist empfand ich die Stadt immer als hektisch, unberechenbar und sehr energieraubend. Dauernd heulen die Sirenen und Menschen hetzen durch die Straßen. Letztendlich bin ich sehr froh darüber, mich für New York City entschieden zu haben. Meine Erwartungen hat das Praktikum auf jeden Fall übertroffen. Ich habe viele Bekanntschaften gemacht, die Stadt von einer anderen Seite kennengelernt und einen Einblick in verschiedene Bereiche des amerikanischen Rechts gewonnen. New York als „Local“ zu erleben, war eine komplett neue Erfahrung – eine, die ich jedem nur ans Herz legen kann. Es gibt so viel zu sehen, so viel zu erleben. Das Gefühl durch die Straßen New York’s auf die Arbeit zu laufen ist kaum in Worte zu fassen. Abgesehen davon habe ich gute Freunde gefunden, mit denen ich auch heute noch in Kontakt stehe.

Bewerbung, Wohnung, Visum

Mich zieht es schon seit einigen Jahren immer wieder in die USA. Eine Auslandserfahrung sollte ganz oben auf der „to do“ Liste eines jeden Studenten stehen. Spätere Arbeitgeber legen immer mehr Wert auf Englischkenntnisse, die im Ausland erworben bzw. vertieft wurden. Man zeigt, dass man über den Tellerrand hinausschauen und seine Komfortzone verlassen kann. Nachdem mir von der DAJV eine beeindruckend lange Liste an Partnerkanzleien zugeschickt wurde, entschied ich mich für Phillips Nizer LLP in New York City. Der Bewerbungsprozess lief reibungslos ab. Nach dem Zusenden der Bewerbungsunterlagen, wurde ich zu einem Telefonat mit Alan Behr (meinem späteren Chef) eingeladen und dann wurde mir auch schon zugesagt. Mein Praktikum habe ich von Ende Februar bis Anfang April (in den Semesterferien vor meinem sechsten Semester) gemacht. Ich würde sagen, dass man ca. sechs Monate im Voraus damit beginnen sollte, nach einem Praktikumsplatz zu suchen.

Vorneweg: Ein Zimmer in Manhattan unter $1500 im Monat zu finden ist fast unmöglich, jedenfalls vor Corona. Ich habe mein Zimmer über eine Facebook-Gruppe gefunden (Apartments in NYC etc., da gibt es einige Gruppen). Ich hatte sehr großes Glück bei meiner Wohnung – traumhafte Lage in Hudson Yards, nur wenige Blocks von mehreren Metro Stationen entfernt, gigantischer Ausblick und ein toller Mitbewohner. Längere Strecken habe ich immer mit Uber zurückgelegt, ansonsten bin ich gelaufen oder mit der Metro gefahren.

Du bekommst ein J1 Visum. Dafür bekommst du einige Unterlagen zugeschickt, mit denen du dann zu einem kurzen Gespräch ins Konsulat kommen musst. Dein Pass mit dem Visum wird dir dann auch schon ca. eine Woche später wieder zurückgeschickt. Ich würde generell sagen, dass man mit ca. 5000€ (Visum, Flüge, Wohnung, Essen, Freizeit) für ein Auslandspraktikum in NYC rechnen muss. Das muss man sich auf jeden Fall bewusst sein.

New York City

New York ist eine der schönsten Städte der Welt – davon muss ich glaube ich niemanden überzeugen. In dieser Stadt wird dir nie langweilig werden. Es gilt unzählige Museen, Parks (Central Park, Bryant Park…), Sehenswürdigkeiten (Empire State Building, Top of the Rock, Ground Zero, High Line, Grand-Central-Station, Roosevelt Island Tramway…), Geschäfte, Restaurants und Bars. Kleiner Tipp: In New York bruncht man am Wochenende gerne mal mit etwas mehr Alkohol als in Deutschland 😉 Zwar bin ich in New York auch ein paar verrückten Menschen begegnet, aber ich habe mich zu keinem Zeitpunkt unwohl oder nicht sicher gefühlt. Generell sollte man als junge Frau jedoch nicht unbedingt nachts alleine durch abgelegene Straßen laufen und sich potentiellen Risiken aussetzen. Auch andere Städte wie Boston, Baltimore und Washington DC sind nicht sehr weit entfernt – wäre Corona nicht gewesen, wäre ich sicherlich mal über das Wochenende weggefahren.

Phillips Nizer LLP

Nicht nur New York kann ich weiterempfehlen, sondern auch Phillips Nizer LLP. Das Büro liegt sehr zentral nur wenige Blocks nördlich von der Grand-Central-Station und ist somit mit so gut wie allen Metro Lines gut erreichbar. In der „Lobby“ wird man herzlich empfangen und bekommt einen eigenen Mitarbeiterausweis, mit dem man Zugang zu den Aufzügen und somit auch den oberen Etagen erhält. Das Büro ist eigentlich genauso, wie man es aus amerikanischen Filmen kennt. An den Fenstern entlang verlaufen die Büros der Anwälte und in der Mitte der Etage befinden sich sogenannte „Cubes“ mit eigenen Computern, an denen Sekretärinnen, Praktikanten und Paralegals arbeiten. Außerdem gibt es eine kleine Bibliothek. Ein normaler Arbeitstag begann um 9:00 Uhr und endete gegen 17:00 Uhr – je nachdem wie viel zu tun war. Außerdem hast du noch 30 min Mittagspause. Du brauchst dir aber keine Gedanken zu machen, die Anwälte wollen lieber, dass du eine Stunde eher das Büro verlässt und deine Zeit in der Stadt genießt, anstatt dir noch einen Stapel Akten kurz vor Feierabend auf den Tisch zu legen. An manchen Tagen gab es Workshops, z.B. war eine Dame von WestLaw zu Besuch und hat uns erklärt, wie man mithilfe der Datenbank richtig recherchiert.

Nun zu einem kleinen Highlight: Jeden Freitagmorgen findet das (kostenlose) Frühstück der Referendare bei Alston Bird statt, was ausschließlich an deutsche Jura Studenten/Referendare gerichtet ist. Wir waren dort ca. 15 Leute. Das ist eine super Networking Gelegenheit.Während dem Frühstück wird von einem der Anwälte bei Alston Bird noch ein interessanter Vortrag gehalten, nach welchen sich dann alle wieder nach und nach auf den Weg in die eigene Kanzlei machen.

Ich habe Amerikaner generell immer als äußerst freundliche Menschen kennenlernen dürfen und das galt auch ausnahmslos für alle Anwälte im Büro in Manhattan. Von Tag 1 an fühlte ich mich willkommen und gut aufgehoben. Alan Behr war ein toller Mentor, von dem ich viel lernen konnte. Er hat mich anderen Anwälten vorgestellt und mit ihren Aufgabenbereichen vertraut gemacht. So durfte ich während meines Praktikums unter anderem Einblicke in Intellectual Property, Real Estate, Cyber-Security und Sports Law gewinnen. Alan nahm mich zu einer ehrenamtlichen Law Clinic für Entrepreneure und zu einem Pitch Event im Financial District mit. Ich bin ihm und seiner Sekretärin, Elisha Lee, sehr dankbar für alles, was sie mir ermöglicht haben. Mit Alan stehe ich auch heute noch in Kontakt und treffe mich jedes Mal, wenn ich in New York bin mit ihm – er ist ein unglaublich beeindruckender und selbstloser Mensch und ich schätze ihn sehr.

Covid-19

Natürlich hatte ich auch schon vor meiner Abreise von Covid-19 gehört. Das es ein derartiges Ausmaß annimmt, hätte sich jedoch niemand vorstellen können. Eines Tages wurde auf CNN schlagartig von sechs Fällen berichtet – Panik kam jedoch noch immer nicht auf, da der infizierte Mann „lediglich“ seine eigene Familie angesteckt hatte und man die Infektionskette noch nachvollziehen konnte. Nachdem sich in den darauffolgenden Wochen die Fälle anfingen zu häufen, wurden wir alle ins Home-Office geschickt und dann ging plötzlich alles sehr schnell. Die St. Patrick’s Day Parade wurde abgesagt und innerhalb kürzester Zeit wurde New York City zum Epizentrum des Coronavirus. Ende März saß ich deshalb bereits im Flugzeug nach Hause. Daheim angekommen erschien mir meine Zeit in New York wie ein schöner Traum. Während ich 24h zuvor noch in meiner Traumwohnung in einem Wolkenkratzer mitten in Manhattan gearbeitet hatte, befand ich mich nun wieder in meinem alten Kinderzimmer bei meinen Eltern im tristen München. Ich habe mein Praktikum von Deutschland aus Anfang April beendet und schreibe seitdem weiterhin Blogposts für den Fashion Law Blog von Alan Behr und Phillips Nizer LLP.

Fazit

Ein Aufenthalt in den USA lohnt sich wirklich immer – für die persönliche Weiterentwicklung und den Lebenslauf. Wen der preisliche Aspekt nicht abschreckt, sollte unbedingt ein Praktikum in New York machen und die Luft der Großstadt schnuppern. Ich bin unendlich froh, dass ich mithilfe der DAJV diese Möglichkeit bekommen habe und würde diese Erfahrungen nicht missen wollen. GO FOR IT!

Falls du noch irgendwelche Fragen hast, kannst du mir auch gerne privat eine Email schreiben: lenafleischmann99@gmail.com

Lena Fleischmann (Student Division München) studiert mittlerweile im 9. Semester Rechtswissenschaft an der Universität Augsburg, hat ihren Schwerpunkt in Kriminalwissenschaften absolviert und macht gerade ihren LL.M. in International & Comparative Law an der George Washington University Law School, wo sie im Mai 2022 graduieren wird.

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