By Jessica und Markus Hawickenbrauck

Am 28. Juli 2019 ging es für uns zur University at Buffalo nach Western New York.  Die Universität hatte Markus für den General LL.M. und Jessica für den Criminal Law LL.M. angenommen. Insbesondere letzteres war das ausschlaggebende Argument für Buffalo, da strafrechtliche LL.M.-Studiengänge (noch) eher rar in den USA gesät sind.

Erste Schritte im neuen Alltag

Nach unserer Ankunft wurden wir zunächst etwas von der Menge an Aufgaben überrollt. Hiermit sind jedoch keine Uni-Aufgaben gemeint, sondern ganz alltägliche. Wie schließen wir einen Stromvertrag für die Wohnung ab? Woher bekommen wir unser Internet? Woher bekommen wir ein bezahlbares Auto? Wie melden wir das neue Auto an? Insbesondere letzteres glich einem Spießrutenlauf, da wir keine Social Security Number und „nur“ jeweils einen Reisepass hatten. Dieser reichte zu unserem Erstaunen nämlich nicht für den geforderten Identitätsnachweis aus. Stattdessen mussten für die Anmeldung weitere Nachweise vorgelegt werden, die beweisen sollten, dass unsere Angaben über unsere Identitäten und Adresse korrekt waren. Dies waren alles Angelegenheiten, deren Aufwand wir deutlich unterschätzt hatten, da wir die Abläufe aus Deutschland gewohnt waren. Positiv ungewohnt war das große Engagement der Mitarbeiter der Fakultät, uns auch bei außeruniversitären Dingen behilflich zu sein.

Ein Auto allein reicht nicht, man muss es auch in den USA fahren dürfen.

‘Socratic Method’ und ‘Cold Calling’

Die Kurse selbst waren gekennzeichnet durch recht klein gehaltene Klassen und dadurch deutlich mehr Kontakt zu den Professoren sowie mehr aktive Mitarbeit als in deutschen Vorlesungen. Die ersten Erfahrungen mit der hier vorherrschenden Sokratischen Methode (Erkenntnisgewinn durch beständiges Fragenstellen) und dem berüchtigten Cold Calling (zufällige Auswahl eines Studenten zum Beantworten der Fragen) bedeuteten im Vergleich zu Deutschland einen Kulturwechsel. Aber dafür waren wir schließlich in die USA gekommen. Während Jessica straf- und familienrechtliche Kurse wählte, beschäftigte sich Markus vor allem mit Prozesstechniken und Verfahrensrecht. Inhaltlich stellte besonders das vorherrschende Case Law und das damit einhergehende Schreiben von Case Briefs (Fallzusammenfassungen), das uns in jedem Kurs verfolgte, eine große Umstellung für uns dar, an die wir uns aber mit der Zeit gewöhnten.

Baird Point auf dem Campus der University at Buffalo.

Umstellung auf Corona-Modus

Das zweite Semester wurde jäh durch den globalen Ausbruch des Coronavirus unterbrochen. Auf Anordnung des Gouverneurs durften keine Klassen mehr als tatsächliches Zusammentreffen stattfinden. Innerhalb einer einzigen Woche schaffte es die Uni jedoch, den gesamten Lehrbetrieb auf verschiedene Onlineangebote (Videokonferenzen, Podcasts, zusätzliche Paper) umzustellen. Dies war eine durchaus beeindruckende Leistung, die es uns ermöglichte, unsere Abschlüsse auch in dieser Krisenzeit zu machen.

Sweet Little Buffalo

Buffalo an sich ist eine typisch amerikanische Stadt, die durchaus ihren Charme hat. Die Law School befindet sich am Nordcampus der Universität im beschaulichen Vorort Amherst, der recht ländlich ist, wo man aber von Supermärkten, Tankstellen, Cafés über Restaurants und Fitnessstudios bis hin zu Bekleidungsgeschäften alles findet, was man so zum Leben braucht. Außerdem besticht Buffalo natürlich mit der Nähe zu den Niagarafällen (25min. Fahrtzeit), Lake Erie und Lake Ontario, Toronto, den Finger Lakes, Letchworth State Park und dem Skigebiet Ellicottville, was zu zahlreichen Ausflügen einlädt. Besonders gerne haben wir auch Footballspiele der Buffalo Bills besucht, ein großartiges Erlebnis.

Eingefleischte und eingeschneite Fans der Buffalo Bills. Selbst ein Schneesturm kann sie nicht vom Stadionbesuch abhalten.

Broadening the Perspective

Abschließen möchten wir mit einem Fazit, mit dem für gewöhnlich immer ein Bericht über ein Auslandsstudium endet. Es geht allerdings nicht darum eine bloße Phrase zu bemühen, sondern eher für die Wahrhaftigkeit der Aussage. Ganz klar: ein Studium in den USA eröffnet einem Sichtweisen, die man so vorher nicht gehabt hat. Es hilft ungemein, dieses Land und die hier lebenden Menschen zu verstehen. Man wächst zusehends mit den Erfahrungen, die man in und abseits der Law School macht. Und genügend Zeit, dieses wunderbare Land und seine verschiedenen Staaten zu bereisen, hat man auch.

 

Markus und Jessica Hawickenbrauck bei einem Spiel der Buffalo Bills.

 

Die Autoren:
Jessica und Markus Hawickenbrauck sind Rechtsreferendare am Landgericht Kleve.